Kleine Geschichte von Meltendorf

 

Kirche Meltendorf

 

 

 

Meltendorf ist ein besonderer Ort. Ein Ort in dem Bauern sich selbst eine Kirche bauten, wo der Zirkus zuhause ist und mit dem Rösenhof ein großes Licht der Nächstenliebe leuchtet.

 

Die erste bekannte urkundliche Erwähnung für Meltendorf ist die vom 11. Mai 1437. Die Brüder Heinrich und Friedrich Schenk von Landsberg, Herren zu Seyda auf Burg Sydow, verkaufen an die Allerheiligenkapelle zu Wittenberg einen Jahreszins von zwei guten Schock aus ihrem Dorf Meltendorf. Es gibt jedoch extra die Bestimmung, dass die Abgaben insgesamt für die Bevölkerung dadurch nicht erhöht werden dürfen. Der Herzog von Sachsen, Friedrich, bestätigt diesen Vertrag – allerdings erst 1449, das dauerte wohl damals doch deutlich länger als heute. (Quelle: Heimatglocken, Gemeindeblatt für das Kirchspiel Elster an der Elbe. Hrsg. von Pfarrer Wittkopp, Elster. Nr. 9, Sept. 1925. S. 4 , M. Frisch in Leipzig.)


Meltendorf gehörte dann zu den 15 Dörfern, die 1501 durch den sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen für 20.000 Meißner Gulden den Besitzern der Burg Sydow abgekauft worden sind. Diese waren wohl schlicht „Raubritter“ gewesen, und das wurde nach dem Allgemeinen Landfrieden von 1495 schwierig, weil der Kaiser derartiges Rauben verbot und von nun an ahndete. Der Kurfürst ließ zunächst ein Landbuch erstellen, in dem alle Vermögensverhältnisse genau dargestellt worden sind. Sein Ziel war es, mit dem neuen Amt Seyda seine Verwandtschaft auf der Lichtenburg in Prettin zu ernähren und zu versorgen. Das bedeutete Abgaben und Dienste für die Untertanen – und kurfürstlichen Schutz vor Räubern.


Für das 16. Jahrhundert ist auch ein „Richter“, also ein Bürgermeister, für Meltendorf bezeugt, nach dem Vorbild der flämischen Dörfer durften auch die Meltendorfer viele Angelegenheiten vor Ort und selbst klären (eigentlich bis zur Eingemeindung am 1.1.1974 nach Elster). (Quelle: Geschichte der Kirche in Zemnick, Pfarrarchiv Seyda.) Martin Luthers erste Kirchen- und Schulvisitation 1528 und 1529 betraf auch die Einwohner Meltendorfs als Filialort von Elster, wird jedoch in Ermangelung eines Kirchen- sowie eines Schulgebäudes nicht weiter erwähnt.


Den Dreißigjährigen Krieg hat Meltendorf anders als viele Orte der Umgebung überlebt, aber sicher auch in der Weise, dass kaum noch jemand von der angestammten Bevölkerung übrig geblieben war. Im Jahre 1802 wird von 5 Hüfnern und einem Häusler berichtet, Meltendorf hat „gutes Holz“ und 11 Hufen Land. 1 Huf ist ungefähr so viel Ackerland, wie es eine Familie zum Leben braucht („Hüfner“), ca. 8 ha. (Quelle: Leonhardi, Friedrich Gottlob: Erdbeschreibung der Churfürstlich- und Herzoglich-Sächsischen Lande, Band 1) 1819 sind es dann 6 Häuser und 30 Einwohner, 6 Hüfner und 1 Häusler. 1831 7 Häuser und 47 Seelen. (Quelle: Schumann, Heimatglocke, aaO)


1908 wird im Gemeindelexikon die Flurgröße auf 338,1 ha angegeben, davon entfallen (1885) auf die Ackergröße 219 ha, Wiesenfläche 30 ha und auf das Holzgelände 35 ha. Die Zahl der Wohnhäuser beträgt 1905 14, die der Haushaltungen 12 und 2 Einzellebende. Einwohnerzahl 63 (davon 32 männlich): Standesamts- und Amtsbezirk Gentha.“ (Quelle: Heimatglocken, aaO)

 

Doch da war im Ort schon etwas Großes geschehen: Die Meltendorfer Bauern bauten sich aus eigener Kraft eine Kirche, 1896. Das ist bemerkenswert! Natürlich haben auch viele andere Orte eine Kirche, aber diese stammen meist ursprünglich aus anderen Zeiten, etwa aus der Besiedlung des Fläming vor 850 Jahren, oder sie wurden wie in Gentha von der „Obrigkeit“, hier der Kurfürstin Hedwig, gestiftet. Die Kirche ist bis heute Eigentum der Kommune und nicht der Kirchengemeinde Elster. Wie kam es zum Bau einer Kirche? Vorausgegangen war ein großer auch wirtschaftlicher Aufschwung des Ortes: Aus 5 Häusern waren innerhalb eines Jahrhunderts 14 geworden. Die Erträge in der Landwirtschaft hatten sich enorm gesteigert durch die Verwendung von Düngemitteln und den Einsatz neuer Landtechnik, die im nahegelegenen Chemiedreieck produziert wurden. Mehrere Jahrzehnte Friedenszeit ließen das Land aufblühen.


Der Bauer Bröse baute einige Jahre vorher ein neues Wohnhaus, was auch jetzt noch zentral im Ort steht und gut erkennbar ist. Es trug die Hausnummer 1, also hatte seine Familie gewiss über lange Zeit das Richteramt, das auch vererbt wurde, inne. In Ermangelung einer Kirche wurde in der ersten Etage ein Kirchenzimmer eingerichtet, in dem alle Meltendorfer Platz fanden: Mit Kirchenbänken, einem Altar, einem Altarkreuz, Wandbehang und allem, was für einen Gottesdienst notwendig ist. Wo gibt es noch etwas Vergleichbares in unserer Gegend? Freilich, auch bei anderen Bauern wurde die „gute Stube“ nur selten, nämlich an Feiertagen oder etwa zu Hochzeiten, genutzt. Aber dass einer gleich ein ganzes Kirchenzimmer einrichtet, ist schon sehr bemerkenswert. Noch heute kann man von außen das Kreuz im Mauerwerk erkennen, das auf die kirchliche Nutzung hinwies.


Wir wissen nicht, welche Erfahrungen und welche Erlebnisse in der Meltendorfer Bauernschaft dazu führten, den gemeinsamen Entschluss zu einem Kirchenbau zu fassen. Und das in Preußen, in dem doch alles zumeist „von oben“ verordnet wurde! Natürlich ging es auch darum, den Weg zum Sonntagsgottesdienst deutlich zu verkürzen. In unseren Zeiten würde man vermuten, dass die Meltendorfer eine Leichenhalle brauchten: Das war aber in diesen Zeiten noch anders: Der Tote wurde zuhause aufgebahrt, dort begann die Trauerfeier mit dem Pfarrer. Mit einem Tragekreuz, was heute noch in der Kirche zu finden ist, wurde dann zum Friedhof gezogen. Die Motivation derer, die den Fläming besiedelten und noch auf viel Urwald und Unbilden der Natur sowie manche Gefahren trafen, war es, „die bösen Mächte zu bannen“, also eine Gewissheit zu haben: Gott ist doch in unserer Mitte, ein Zufluchtsort – oft hinter den dicken Mauern ganz buchstäblich auch vor Unwetter oder Räubern. Das war nun im 19. Jahrhundert anders, aber doch wird eine tief  empfundene Dankbarkeit Gott gegenüber eine große Rolle beim Bau der Kirche gespielt haben.


Eine Nachricht aus dem Jahr 1895 gibt es von einer Goldenen Hochzeit. Das war ein sehr seltenes Fest in diesen Zeiten, wo die Lebenserwartung längst nicht so hoch war, insbesondere bei Frauen, die oft  viele Kinder zur Welt brachten und bei oder nach einer Geburt verstarben. Am 21.12.1895 konnten also Carl August Schöne und seine Frau Wilhelmine geb. Walther dieses schöne Jubiläum begehen, die Gold-Braut mit einem goldfarbenen Diadem im Haar und der Gold-Bräutigam mit einem metallenen Anstecksträußchen. (Sie wurden im April 2013 in Süptitz auf dem Sperrmüll gefunden und sind nun im Heimatmuseum dort zu besichtigen. Quelle: Torgauer Zeitung 29.4.2013, Lokalgeschehen.)


Links neben der Kirchentür kündet ein Stein vom Erbauungsjahr der Meltendorfer Kirche: 1896. An alles wurde gedacht, Altar, Taufe, Glocke, Harmonium; auch Abendmahlsgeschirr und Taufgerät wurden angeschafft, sie befinden sich heute im Elsteraner Pfarrhaus. Die Altarbibel wurde zum Beispiel von Reinhold Kuhrmann aus Jessen und Frieda Röcklebe aus Meltendorf gestiftet.


Die Kirche wurde gut genutzt. Ein in diesen Tagen wiedergefundenes Büchlein „Für Chor Kapelle in Meltendorf“ belegt, dass über Jahrzehnte fast jeden Sonn- und Feiertag in Meltendorf Gottesdienst mit Beteiligung des Kirchenchores stattfand, und zwar auch an jedem einzelnen 1. und 2. Feiertag des Weihnachts-, Oster- und Pfingstfestes. Der Elsteraner Pastor war zuständig, er konnte jedoch nicht immer kommen, dann fanden „Lesegottesdienste“ statt. War er durch Krankheit verhindert, kamen die Pfarrer der Umgebung, so Pfarrer Voigt aus Gadegast; sogar aus Piesteritz kam oft ein Pfarrer angereist: Man stelle sich vor, er fuhr mit der Bahn bis Elster, wurde dort mit der Kutsche abgeholt – und auch wieder zurückgebracht: Das alles, damit in dem kleinen Dorf die Predigt gehört werden konnte. Die Gottesdienstzeiten schwanken, es konnte schon einmal früh „um ½ 8 Uhr“ sein, aber auch „1/2 4 Uhr nachmittags“. Abendmahlsfeiern fanden zu den üblichen Tagen im Jahr (Karfreitag, Totensonntag), aber auch mitten in der Passionszeit, zu Ostern und im Mai statt.


Die ehemalige Anordnung der Meltendorfer Häuser scheint der verbreiteten Hufeisenform zu folgen, die man auch in Zemnick oder in Morxdorf findet und die wiederum auf die ersten Siedler hinweist, die ihre Häuser derart aneinander bauten, damit das Vieh in der Nacht in die Mitte des Ortes getrieben werden konnte und damit sicher war. Noch heute bemerkt man die „Lücke“ rechts neben dem großen Grundstück Bröse, Nr. 1. Dort hat es einmal gebrannt, eine große Katastrophe in diesen Zeiten, bedingt auch durch die verbreiteten Strohdächer. 1844 hatte der preußische König zwar verfügt, dass alle Neubauten fortan mit Steinen zu decken seien und nicht mehr mit Stroh, um die Brandgefahr einzudämmen, aber dennoch waren – noch bis in das 20. Jahrhundert hinein – etliche alte Häuser mit Stroh gedeckt. Die Familie von diesem Grundstück baute in Meltendorf wieder auf, aber an anderer Stelle, nämlich 1881 das Grundstück, das heute der „Rösenhof“ Meltendorf ist und über den noch ausführlich berichtet werden soll. Damit veränderte sich das Ortsbild, es folgte der Bau der Gaststätte, eines Armenhauses auf dem Grundstück vor der Kirche sowie der weiteren Häuser Richtung Elster (Röcklebe 1895; Schwanke).


Meltendorf entwickelte sich also zu einem größeren Dorf. Ein bedeutender Treffpunkt war die Gaststätte, die von der Familie Hiob über viele Jahrzehnte betrieben wurde. Generationen haben hier die ersten Fastnachten im Jahr besucht, auch aus den Nachbardörfern: Es war das Fest, zu dem man sich traf und bei dem auch oft die Verbindungen geknüpft wurden, die dann zu Hochzeiten führten. Miteinander zog man von einem Dorf in das nächste. Die alte – letzte -  Gastwirtin Hiob ist noch einigen in Erinnerung als eine rührige, freundliche Frau, die keinen hungrig oder durstig wieder ziehen ließ.


Das „Armenhaus“ rührte von der sozialen Verantwortung jener Zeit: Man konnte dort kostenlos wohnen und hatte dafür einige Gemeindedienste zu übernehmen, wie den Nachtwächter-, Friedhofs- und Küsterdienst. Eine gute Idee! Rückgrat der Meltendorfer Dorfgemeinschaft waren aber die Hüfnerwirtschaften. Neben der schon erwähnten von Bröses ist hier in besonderer Weise die Familie Matthies zu nennen, die seit vielen Jahrhunderten (belegt seit 1710) das Grundstück Nr. 3 ihr Eigen nannte. In den dreißiger Jahren war hier ein moderner Rinderstall mit einer Melkanlage gebaut worden, der auch als Lehrbetrieb genutzt wurde. Schulklassen kamen zur Besichtigung, etwa aus Gentha, um die moderne Technik zu bestaunen. Abschlussprüfungen für Landwirte wurden hier abgenommen, und noch zu Beginn der 50iger Jahre hatte der private Betrieb 6 Lehrlinge, die vom Zusammenhalt und der familiären Atmosphäre angetan waren.


Die verlorenen Kriege und die Umgestaltung der Landwirtschaft  brachten auch für Meltendorf viele Veränderungen mit sich. Das alte Wirtschaftssystem verschwand, in Meltendorf drastischer als in anderen Orten war der Wegzug der Jugend zu spüren. Da kam mit der Zirkusfamilie Hein in den siebziger Jahren ein ganz neues Leben in das Dorf. Eine ehemalige Konfirmandin, jetzt Ortschronistin, berichtet: „Ich kann mich noch erinnern, wie wir als Konfirmanden mit Pfarrer Schlauraff an einem Sonntagnachmittag im Winter bei Schneesturm mit dem Fahrrad nach Jessen gefahren sind - Hans-Jürgen Meurer war auch dabei - und wir haben Adelheid Hein zugehört, wie sie vom Zirkusleben erzählt hat - und uns gefragt hat, ob es hier in der Nähe nicht einen alten Bauernhof gibt, den sie als Winterquartier nutzen könnten. Kurz danach sind sie dann nach Meltendorf gezogen.“ (Quelle: Bärbel Schiepel, April 2014)


Der Zirkus Hein, einziger privater Zirkus in der DDR, kaufte in Meltendorf Grundstücke und nahm hier sein Winterquartier. Adelheid Hein war die Zirkusdirektorin in dieser Zeit und hatte die Fäden in der Hand. Inzwischen gehören die Schausteller und Zirkusleute der großen Familie Hein-Sperlich-Quaiser selbstverständlich in unsere Orte und bereichern das Leben. Am Anfang aber war es etwas ganz Neues, Exotisches: Artisten und Clowns wohnten nun hier mit ihren Wagen, dazu Elefanten, Kamele und andere Tiere. Ein großes Zirkuszelt wurde oft aufgebaut: Zu Übungszwecken, aber auch bei großen Familienfeiern, besonders Beerdigungen. Ein Zirkuspfarrer kam dann, und viele Angehörige der großen Zirkusfamilie reisten an und nahmen Anteil. Adelheid Hein hatte extra eine Katechetin für die Zirkuskinder angestellt, die mit einem eigenen Wagen mitreiste und so ein festes Fundament für die Weitergabe des Glaubens an die nächsten Generationen legte. – Für Meltendorf ist es ein großes Glück, dass die Häuser und Grundstücke auf diese Weise gut bewohnt waren und sind, und es in letzter Zeit sogar zwei Neubauten von Häusern durch Schaustellerfamilien gab. Mit den Ur-Bewohnern des Ortes gibt es herzliche Verbindungen.


„Jeder Ort muss sein Besonders finden.“ sagte Landrat Wulf Littke bei seinem letzten Besuch in Meltendorf, und er meinte damit diesmal den „Rösenhof“ Meltendorf, der – wie die Schaustellerfamilien – eine große Bereicherung des Ortes wie der ganzen Gegend darstellt. 1993 gründete Friedhelm Röse in Zemnick jene Zufluchtsstätte für suchtkranke Menschen, die sich dann schnell ausbreitete auch nach Meltendorf, Gielsdorf und Elster hin, und die eine sehr segensreiche Arbeit betreibt: Holt sie doch Menschen aus großer Not heraus und befähigt sie zu einem guten, neuen Leben – mit einer großen Ausstrahlung auch auf die Umgebung hin. So ist Meltendorf bekannt als „Osterdorf“ wegen der großartigen Gestaltung in der Dorfmitte zum Osterfest: Eine Osterhasenschule ist dort zu sehen. Zu vielen kulturellen Veranstaltungen lädt der Rösenhof Meltendorf ein: Konzerte, Backofenfeste, Lesungen, Begegnungen – auch mit internationalen Künstlern.


So ist Meltendorf ein besonderes Dorf, bis heute. Zu Weihnachten 2013 wurden der Kirche eine Orgel (eigentlich ein „Pedalharmonium“) und neue Stühle geschenkt. Der Pfarrer war vorher „gewarnt“ worden, dass es zu Heilig Abend immer recht laut werden würde: wegen des Quietschens der alten Gartenstühle. Der schöne alte Kronleuchter kam zum Leuchten, weil die Artisten – nach der weihnachtlichen Lesung über das Licht, was in der Finsternis aufscheint – mittels der neuen Stühle und ihrer Fähigkeiten hinaufkletterten und die Kerzen entzündeten. Nun kann am Sonntag nach Ostern zum ersten Mal in Meltendorf ein Regionalgottesdienst stattfinden, mit den Bläsern und Chören und Gemeinden der Kirchen-Region Schweinitz – Jessen – Seyda/Elster, und es können so noch mehr Menschen auf diesen besonderen Ort aufmerksam werden.


Seit 1996 – von der 100-Jahr-Feier an, die auch eine „Wiedereinweihung“ war, die Kommune hat das Kirchlein komplett saniert – seit 1996 gibt es die Tradition eines Himmelfahrtsgottesdienstes in Meltendorf, zu dem viele Besucher kommen.

Neben den Festgottesdiensten zu Ostern und Weihnachten, findet einmal im Monat ein Gottesdienst um 9 Uhr statt. 

Herzlich willkommen in Meltendorf!